Oder: Urlaub im Paradies Teil 2 ...
So, nachdem wir nun also in diesem traumhaften, kleinen Hotel mit dem riesig großen Appartement unsere drei Nächte verbracht hatten, hieß es wieder: Koffer packen und zur nächsten Station aufbrechen. Und da stand eine "Hacienda", also ein Pferdegestüt, auf dem Programm. Wiederum haben wir mit vielem gerechnet, aber letztlich doch nicht mit dem, was auf uns wartete.
Die Fahrt verlief ohne weitere Probleme. Den größten Teil der Strecke konnten wir auf dem sogenannten Highway (einem Teil des Panamerica Highways) zurücklegen, wo man mit durchschnittlich 80 km/h recht gut und meist zweispurig vorankam. Dann hieß es irgendwann: Abbiegen auf eine Landstraße, was gleichzeitig auch das Verlassen einer geteerten Straße bedeutete. Weiter ging es auf einer Schotterstraße ... ca. 15 km durchs trockene Nirwana, Schlaglöcher vom Feinsten (zumindest hielten wir das zu diesem Zeitpunkt noch für enorme Schlaglöcher ...) inklusive. Der letzte Kilometer war bereits Privatstraße, die wir dank Reservierung in der Hacienda problemlos vom Schrankenwart freigegeben bekamen. Am Ziel angekommen, erwartete uns dann eine Überraschung: Es handelte sich zwar durchaus um einen immensen landwirtschaftlichen Betrieb mit Kühen, Gemüsebau und Pferdezucht, jedoch ebenfalls inklusive Hotelbetrieb. Die großen und hochwertig eingerichteten Zimmer waren wie in einem Gestüt rund um eine große Wiese mit einem noch größeren Baum angelegt, vor der Tür jeweils eine Hängematte. Cool!
Von hier aus ging es natürlich wieder zu Fuß auf Entdeckungstouren ... Wasserfälle, Trockenwälder mit blubbernden, stinkenden Schlammkuhlen, einsame Waldwege, Agutis, Tukane, Papageien und schließlich auch noch wundervolle heiße Quellen mitten im Wald am Rande eines Gebirgsbaches – und da war es wieder, das Kontrastprogramm: Während die in die Natur eingebetteten Steinbecken von den Quellen mit warmem bis verdammt heißem Wasser gefüllt wurden, verlief dazwischen hindurch ein eiskalter Bergbach. Und in den Becken sitzend, konnte man wunderbar bergab auf den Bachlauf sehen und allerlei Vögel und sonstiges Getier beobachten. Ein herrliches Plätzchen!
Von der Hacienda aus führte uns unser Weg drei Tage später mit einem kurzen Abstecher zum Nationalpark Palo Verde, wo unsere Wanderung dann dank 37 Grad im Schatten ein wenig kürzer ausfiel, weiter in Richtung Monteverde in das Touristenörtchen St. Elena. Das Navi sagte: 52 km, 1,5 Stunden. Hm, eigenartig, aber nun gut. Bald schon wurde uns allerdings klar, wieso die paar Kilometer so viel Zeit in Anspruch nehmen sollten: Das Ziel lag auf etwa 1500 m oben in den Bergen, wohin eine Schotterstraße führte, die mit zunehmender Höhe auch zunehmend schmaler und vor allem auch holpriger und Schlagloch lastiger wurde. Wir glaubten, DAS seien nun immense Schlaglöcher. Du meine Güte, was für eine Fahrt! Dass dann auch noch an blödester Stelle ein Bus entgegenkam, dessen Fahrer die in unseren Alpen gültige Regel "Bergauf hat Vorfahrt" ganz offensichtlich nicht bekannt war und der das Recht des Stärkeren einforderte, machte die ganze Sache nicht unbedingt spaßiger. Ich gebe zu: Die Aussicht da oben, als der Weg auf dem Bergkamm entlang führte, war wirklich grandios, aber davon hatten wir vor lauter Konzentration auf den Weg nicht so richtig viel. Ein Blick auf die Karte zeigte uns, dass es auch eine kürzere Strecke in die Berge weiter südlich gegeben hätte ... da wollten wir dann wenigstens abwärts fahren.
Kurz vor dem Touristenort ging die Holperpiste schließlich endlich wieder in geteerte Straße über, zumindest bis wir kurz vor dem gegenüberliegenden Ortsende wieder auf Schotterstraße kamen. Unsere kleine, aber unglaublich feine, private Unterkunft lag ganz am Ende, bis dahin hatte wohl der Teer nicht mehr gereicht. Aber auch diese Fahrt hat sich gelohnt: Das Haus mit seinem wunderbar gepflegten und zum Relaxen mit Liegen und Hängematten ausgestatteter Garten war wie so ein kleines Paradies inmitten von Staub und Weideland. Die Gastgeber waren extrem zuvorkommend, ein Begrüßungssaft - selbstredend frisch gepresst - und eine Tasse köstlichen Kaffees waren für sie eine Selbstverständlichkeit. Das mit gebuchte Frühstück war nicht minder spannend: Man muss vielleicht nicht alles mögen, was anderswo so zum Frühstück gereicht wird, aber die liebevoll belegten und ausdekorierten Teller enthielten vielerlei Köstlichkeiten, die ich mir freiwillig vielleicht nicht zum Frühstück genommen, aber so eben einfach mal probiert habe. Und vieles – für mich waren nur Reis mit dicken Bohnen nicht unbedingt frühstückstauglich – hat mir sehr zugesagt. Die täglich gereichten frischen Fruchtsäfte und Obstteller waren ohnehin eine Schau.
Besonders beeindruckt haben uns – neben der Haushündin Violetta, die den Herrn Baron binnen nichts um den Finger gewickelt hatte ... ausgerechnet ... – vor allem die dort angesiedelten Nebelwälder. So stelle ich mir Urwald vor: Bäume so hoch wie der Himmel, bewachsen von Wurzel bis Spitze mit allerlei Aufsitzer- und Schlingpflanzen, Farnen und Moosen, ungeordnetes Chaos, eine enorme Vielfalt an Pflanzen. Und dazu immerzu wechselnde Laute von Vögeln aller Art, pfeifen, knattern, klappern, fiepen ... auch Töne, die ich keiner Tierart zuordnen konnte waren darunter. Dschungel in Reinform, einfach faszinierend. Und dank der gemäßigten Bergtemperaturen von ca. 25 Grad war auch das Wandern nicht gar so kräftezehrend.
Nach drei Tagen in diesem kleinen, feinen Teil des Paradieses kam er dann, der schlimmste Teil der Fahrstrecke überhaupt. Nein, es war die schlimmste Fahrt, die wir auf all unseren bisherigen Reisen überhaupt hinter uns bringen mussten. Aber der Reihe nach ... alles begann nämlich damit, dass die bereits erwähnte kürzere Abfahrt wegen Bauarbeiten täglich nur für 1 Stunde zwischen 11 und 12 Uhr mittags für den Verkehr frei gegeben war. So hieße es also, rechtzeitig losfahren, um den Baustellenteil in besagtem Zeitfenster zu erreichen. Das wäre auch eigentlich gar keine Kunst gewesen, wäre nicht mit einem Mal der Nebel hereingezogen, ein Nebel, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Im ersten Moment dachte ich, der Nachbar grillt und die Rauchschwaden ziehen in den Garten. 5 Minuten später konnte man im wahrsten Sinne des Wortes die Hand vor Augen nicht mehr sehen. Und dieser unglaubliche Nebel erschwerte den ersten Teil der Abfahrt über steile Schotterstraße um ein ordentliches Stück. Dann erreichten wir sie aber doch, die Schlange, die vor der Baustelle auf Durchlass wartete, und just in dem Moment wurde auch die Sperrung aufgehoben. Dann ging es erst so richtig los. Bis dahin ließ der Nebel nach, die Schlaglöcher aber nahmen zu. Und wie. Und wenn ich Schlagloch sage, meine ich Schlagloch. Die bis dahin halbwegs verträgliche Hoppelpiste ging in eine Hubbelpiste über, wobei dazu dann rechts und links immer mal wieder herausstechende Felsen und große Steine kamen. Die Bewegung, die unser Auto in max. 10-km/h Geschwindigkeit bergab beförderte, ließ unsere Mägen Sprünge machen ... Und dann war da der Blick nach oben: An der senkrechten Steilwand hingen in ca. 20 - 30 m Höhe Bagger in der Wand, die dabei waren, den Berg zur Straßenverbreiterung abzutragen ... keine Schutzvorrichtungen, keine Steinschlagnetze, nichts. Nur der sehnliche Gedanke: Bitte, bitte, lass jetzt keinen Bagger ins Rutschen kommen oder einen Steinschlag auslösen ...
Als wir nach gut 1,5 Stunden endlich eine Straße, die dieser Bezeichnung auch zumindest ganz entfernt gerecht wurde erreichten – da waren dann die Schlaglöcher wieder Löchlein – waren wir beide ganz still und mit den Nerven doch ziemlich am Ende. Vielleicht sollte ich auch noch erwähnen, dass man in Costa Rica wohl keine Leitplanken kennt, auch nicht in den Bergen. Ebenso wenig wie Straßenbeleuchtung übrigens ... Der große Rest der Strecke, etwa weitere 35 km, waren in einer halben Stunde geschafft. Puh.
Die letzen 4 Tage haben wir dann an der Pazifikküste in einem Allinclusive-Hotel verbracht. Und wieder war es da, das Kontrastprogramm: Es war laut (ganztägige Berieselung, Aqua-Gym und Zumba, Beachfußball und Abendshows ...). Es war "billig" (Alkohol trinkende Gäste schon am Vormittag im Pool, stark übergewichtige Frauen, bei denen man sich fragte, ob sie wirklich einen Bikini trugen, Schlachten am abendlichen Buffet ...). Und es war so überhaupt nicht unser Ding. Aber wir haben das Beste daraus gemacht, uns das ruhigste auffindbare Plätzchen gesucht, ausgespannt, gestrickt, gelesen und ... Echsen fotografiert. Ja, tatsächlich, inmitten dieses Tohuwabohus lebten ganz entspannt Echsen aller Größen, die sich auch nicht durch so fotografierende Touris wie mich davon abbringen ließen, einen Spaziergang zum Pool oder über die Liegewiesen zu machen. Das war für mich dann wieder besser als jedes Fernsehprogramm, einfach: Pura Vida!
Und unser Fazit: Costa Rica war für uns eines der angenehmsten Reiseziele überhaupt, da wollen wir irgendwann noch mal hin, um auch den Süden noch zu bereisen. Denn wir haben unglaublich viel, vielfältige und spannende Natur vorgefunden. Wir haben ein Land vorgefunden, in dem Naturschutz und Mülltrennung, Öko-Tourismus und Nationalparks eine ganz große Rolle spielen. Wir haben Menschen getroffen, die uns als Touristen immer, aber auch wirklich immer, freundlich entgegen kamen, die uns wie Freunde behandelten, die uns mit ebensoviel Respekt und Aufgeschlossenheit begegneten, wie sie das auch Einheimischen gegenüber taten, indem sie auf der Schotterstraße im Vorbeifahren beispielsweise einfach mal grüßten. Oder indem sie, falls sie in Ausnahmefällen tatsächlich einmal nicht gut englisch sprechen konnten, sich extrem bemühten, sich so auszudrücken, dass auch ich mit meinen nicht allzu ausgeprägten Spanischkenntnissen ihr Anliegen verstand. Wir haben ein Land vorgefunden, das den Möglichkeiten entsprechend, prima "in Schuss" war (ok, ein paar Straßen könnten vielleicht mal noch in Angriff genommen werden ...). Wir haben ein Land vorgefunden, in dem wir, sobald wir die Großstadt verlassen hatten und aufs Land kamen, auch nicht eine Sekunde Angst um Hab und Gut hatten. Wir haben Essen genossen, das einfach immer und überall frisch und aus hochwertigen Agrarprodukten hergestellt wurde – das Hühnchen hat nicht wässrig geschmeckt, die Kartoffeln hatten ein wunderbares Aroma, der Salat war mit frischen Kräutern angemacht und Fastfood-Ketten hätte man fast vergeblich gesucht. Naja, fast. Aber wir haben auch ein Land vorgefunden, das eben seinen Preis hat – Lebensmittel waren mindestens auf unserem Preisniveau, teilweise eher teurer, Eintritte in Nationalparks bewegten sich stets zwischen 15 und 20 Dollar pro Person und Tag, geführte Touren wären selten unter 100 Dollar pro Person zu bekommen gewesen. Und dennoch beschreiben zwei Worte, die für die Einheimischen so viel wie "cool" bedeuten, dieses Reiseziel für mich einfach perfekt:
Pura vida!
1 Kommentar:
Hallo,
voller Interesse habe ich die beiden Berichte von Eurem Urlaub gelesen. Das muss einfach nur toll gewesen sein. Wenn ich mir vorstelle ich werde von Brüllaffen geweckt, oder so ein imposanter Leguan sitzt im Garten, einfach nur genial.
Vielen Dank für den Bericht und die vielen schönen Fotos.
LG Ilse
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